Patagonien – Der Weg dorthin

Es gibt viele Möglichkeiten, nach Patagonien zu gelangen. Wir entschieden uns dafür, größtenteils den Landweg zu nehmen, auf der chilenischen Seite die Carretera Austral und in Argentinien die Ruta 40.

Von der Isla Chiloé setzten wir nördlich auf das Festland über und fuhren über Puerto Montt auf die Carretera Austral. Diese Straße, die überwiegend Schotter bedeutet, ist bekannt für ihre unglaublich abwechslungsreichen Landschaften. Sie führt weite Strecken an der Küste entlang, durch Fjorde und Regenwald, vorbei an rauchenden Vulkanen und passiert den riesigen Lago General Carrera, der auf der argentinischen Seite Lago Buenos Aires heisst.

Hier einige Ausschnitte der insgesamt über 2.000km:

Wir fuhren zunächst bis Hornopirén, von wo aus am nächsten Morgen eine 6-stündige Fähre nach Caleta Gonzalo ging. Mit viel Glück bekamen wir noch einen Platz, die Fähre fährt nur 3mal pro Woche und war eigentlich schon für die gesamte Woche ausgebucht. Alternativ hätten wir die Tagestour wieder zurück und über Bariloche, Argentinien nach Patagonien fahren müssen, ein Umweg von mindestens 600km. Auf Grund der rauen See bekam unser Moped einiges an Salzwasser ab, das aber in den nächsten Tagen von viel Regenwasser wieder abgewaschen wurde. Am Festland angekommen konnten wir zum ersten Mal unsere wasserdichte Kleidung testen. Der Regenwald machte seinem Namen alle Ehre.

Wir kamen nach Chaitén, ein kleines Örtchen, das uns auf den ersten Blick sehr trostlos und verlassen vorkam. Als wir erfuhren, dass Chaitén 2008 durch den Ausbruch des gleichnamigen Vulkans beinahe völlig zerstört worden war, wurde uns klar, woher unser Empfinden kam. Nun sahen wir auch die vielen verlassenen Häuser, die teilweise bis zu einem Meter in Schutt standen. Da der Regen immer stärker wurde, verbrachten wir die Nacht hier in einer kleinen Pension und waren froh, dass wir dank der Notgeneratoren immerhin von 21.00 bis 23.00 Uhr Licht hatten. Die wenigen Menschen, die nach dem Vulkanausbruch in Chaitén blieben, lebten über 2 Jahre ohne Wasser und Strom, die Leitungen werden jetzt repariert. Andere Reisende, die wir trafen, hatten in einem verlassenen Restaurant übernachtet und dort gekocht.

Am nächsten Tag fuhren wir ca. 600km nach Coihaique, eine tagesfüllende Tour, da wir überwiegend Schotter- und Bergstraßen passierten, mit wechselnden, sehr eindrucksvollen Aussichten.

Bevor es am Tag darauf weiterging, deckte sich Robin noch mit der nötigen Ausrüstung zum Angeln ein, da die vielen Seen und Flüsse hier sehr vielversprechend erscheinen.

Wir kamen nach Puerto Tranquilo am Lago General Carrera, ein wenig attraktives kleines Örtchen. Der Regen wurde immer stärker und es war richtig kalt geworden (ca. 5°C). Daher blieben wir, obwohl es Isabels Geburtstag war und wir uns beide wohl eine etwas schönere Umgebung gewünscht hätten, an diesem dunklen Ort.

Der nächste Tag begrüßte uns mit Sonnenschein und wir erhielten wieder einmal den Beweis dafür, wie wetterabhängig unsere subjektiven Empfindungen sind. Der See, der am Vortag noch grau und trostlos wirkte, glitzerte nun in vollem blau-grün in der Sonne.

So genossen wir die letzten 200km auf der chilenischen Seite entlang des Sees mit superschönen Ausblicken.

Auf der Fahrt hier herunter trafen wir auch einige Fahrradfahrer, die diese Wege fahren, was wirklich beeindruckend ist. Wir unterhielten uns länger mit Simon, einem 51jährigen Engländer. Er hatte letztes Jahr zwei Herzinfarkte und hat sich nun ein Jahr Auszeit genommen, um mit dem Fahrrad ins südlichste Patagonien zu fahren.

In Chile Chico / Los Antiguos passierten wir problemlos die Grenze nach Argentinien und fuhren noch ein gutes Stück am Lago Buenos Aires, wie er hier heißt, weiter, bevor wir Richtung Süden auf die Ruta 40 abbogen. Die Straße zieht sich durch ganz Argentinien, wir waren sie bereits vor wenigen Wochen einige tausende Kilometer weiter nördlich zwischen den beiden Andenpässen gefahren. Wir verstanden nun, wieso jeder von dem unglaublichen Wind auf der Ruta 40 berichtet und blieben im nächsten Ort, Perito Moreno über Nacht. Mit den abwechslungsreichen Landschaften war es nun vorbei, die nächsten Tage sahen wir nur mehr Pampa. Eine leblose und langweilige Einöde, über die der unglaubliche Wind tost. Die Ruta 40 hier in Patagonien bietet alle Arten von Oberflächen, die man sich vorstellen kann. Von feinem bis grobem Schotter, Wellblech, Schlaglöchern und verspurtem Schlamm bis hin zu Asphalt. Wir sind Geschwindigkeiten von 10 bis 120km/h gefahren und waren beide erstaunt und erleichtert, dass das Motorrad und insbesondere die Reifen diese unwirtlichen gut 1.000 Kilometer ohne Panne hinter sich gebracht haben. Es ist schon gewöhnungsbedürftig, wenn man Stunden um Stunden fährt und keine Menschenseele sieht. Auf der Landkarte sind alle hundert Kilometer Punkte mit Namen eingezeichnet, von denen wir zunächst annahmen, es seien wohl kleine Dörfer. Oft findet man aber nur ein verlassenes Haus am Straßenrand.

Als es Abend wurde, waren wir froh, zu einer belebten Estancia zu gelangen, wo wir unser Zelt aufschlagen konnten und sogar bekocht wurden. Estancia La Siberia, der Name passt wie die Faust aufs Auge! In der Nacht wurden wir von heftigen Regenfällen geweckt, was nicht nur zur Folge hatte, dass einige unserer Sachen nass wurden, sondern auch bedeutete, dass die ohnehin schon sehr schlechten Straßen nun kaum mehr passierbar waren. Es bildeten sich richtige Schlammwege, auf denen unser überladenes Motorrad hin und her rutschte. In der Kombination mit leichtem Regen und dem immernoch tosenden Wind keine leichte Aufgabe für den Piloten. Motocross scheint glücklicherweise das richtige Training gewesen zu sein und so schafften wir in über 2 Stunden auch noch die letzten 100km, die uns noch von der Asphaltstraße getrennt hatten, ohne Sturz und ohne Panne.

Der Wind wurde zwar immer heftiger, aber wir hatten nun nur noch Asphalt vor uns und kamen nach weiteren 150km in El Calafate, unserem Zielort, an.

El Calafate ist eine ziemlich touristische Stadt, sie ist Ausgangspunkt für die vielen Touren zum Perito Moreno Gletscher. Waren extreme Touristenansammlungen bisher nicht unbedingt unser Ding, genießen wir nach den letzten rauen Tagen die Zivilisation mit warmen Duschen, Supermarkt, Internet und essengehen plötzlich sehr und freuen uns auf die großen Highlights Patagoniens: den Perito Moreno Gletscher, den Torres del Paine Nationalpark und die Magellanstraße.


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